Die Streuung bringt oft den Erfolg. Das gilt nicht nur für Investments, sondern auch für Unternehmen und ihre Geschäftsbereiche. Wenn ich an dieser Stelle einen Online-Anbieter im Bereich der Immobilienfinanzierung vorstellen würde, wäre das Interesse derzeit sicherlich gering – da lauern zu viele Fallstricke in Zeiten gestiegener Zinsen. Doch wenn ich an dieser Stelle einen italienischen Onlineanbieter vorstelle, der im wachsenden Segment im übertragenen Sinne die Geschäfte des Vergleichsportals Check24, der Preissuchmaschine idealo.de und des Immobilienkreditvermittlers Interhyp kombiniert, dann lohnt es sich genauer hinzusehen – zumal Gruppo MutuiOnline gerade erst die Aktivitäten in den vielversprechende Märkten Frankreich und Spanien ausgebaut hat.
Im Grunde besteht Gruppo MutuiOnline aus zwei Geschäftsbereichen: Dem Vergleichsgeschäft mit den Bereichen Preisen, Immobilienfinanzierungen und Versicherungen sowie dem BPO (Business Process Outsourcing)-Geschäft, bei dem komplette Geschäftsabläufe im Finanzbereich aber auch viele Immobiliendienstleistungen von anderen Firmen an Gruppo MutuiOnline ausgelagert werden.
Das Vergleichsgeschäft bei Gruppo MutuiOnline ist auf etliche Marken in verschiedenen Märkten aufgeteilt. Anhand der wichtigsten Marke segugio.it – die vergleichbar ist mit der deutschen Check24 – lässt sich das Geschäftsmodell gut erklären. So ist segugio.it ein Multi-Produkt-Aggregator für Versicherungen, Privat-Kredite, Hypotheken, Telekommunikations- und Energieverträge. Im Fokus des Geschäfts stehen Kfz-Versicherungen.
Das Vergleichsportal ist die starke Nummer zwei im Segment der Versicherungen mit einem großen Abstand zu den weiteren Mitbewerbern in Italien.
Andere Produkte stellen weitere Add-on- und auch Cross-Selling-Gelegenheiten dar. Dabei stützt sich das Geschäftsmodell auf Gruppen von Unternehmen, die wiederum jeweils Vergleichs- und Vermittlungsdienstleistungen für spezifische Produkte bieten. Die Umsätze generiert die Vergleichsplattform durch Prämien für den Verkauf neuer Policen zuzüglich wiederkehrender Kommissionen von Versicherungsgesellschaften. Das Angebot ist kostenlos für den Verbraucher und es gibt auch keine Aufschläge zu anderen Vertriebskanälen.
Aufbauend auf dieser etablierten Marke in Italien sind jetzt mit Rastreator in Spanien und Lelynx.fr in Frankreich ähnliche Modelle übernommen worden. Wichtig für das Verständnis: Diese Marken sind nicht neu gegründet worden, sondern Gruppo MutuiOnline hat hier etablierte Marktakteure direkt übernommen.
Outsourcing-Geschäft sorgt für Stabilität
Der andere Geschäftszweig des Business Process Outsourcing (kurz BPO) unterscheidet sich deutlich vom Brokering. Grundsätzlich ist BPO als eine Sonderform des Outsourcings zu verstehen. Hier wird nicht ein Teil der Aufbauorganisation, also eine organisatorische Einheit oder eine Abteilung, ausgelagert. Beim BPO steht vielmehr die Ablauforganisation im Fokus, das heißt es werden hier komplette Geschäftsprozesse und damit auch das zugrundeliegende IT-System ausgelagert. Und genau hier liegt das Know-how von Gruppo MutuiOnline, denn eine hochwertige Software ist die Basis für beide Geschäftsbereiche.
Dabei übernimmt Gruppo MutuiOnline beispielsweise komplette Dienstleistungen direkt von Banken und wickelt diese dann ab. Dies bringt eine Stabilisierung des Gesamtgeschäfts, denn die Partner in der Finanzindustrie bleiben doch sehr viel länger. Das Brokeringgeschäft ist hingegen deutlich schwankungsreicher. Je nach konjunktureller Lage lassen sich so unterschiedliche Chancen nutzen.
Vergleichsportale sind der wichtigste Geschäftszweig
In der Bilanz ist der Bereich der Vergleichsportale deutlich wichtiger, vor allem bezogen auf die Ertragskraft. So erzielte Gruppo MutuiOnline in diesem Segment im ersten Quartal 2023 zwar nur 44 Prozent der Umsätze – jedoch 58 Prozent des operativen Ergebnisses. Allerdings ist im ersten Quartal 2023 der Umsatz zwar um rund 20 Prozent gestiegen, das operative Ergebnis stieg allerdings nur um rund 4 Prozent auf zuletzt 17,2 Millionen Euro. Das Nettoergebnis fiel sogar deutlich um rund 17 Prozent auf nur noch 9,5 Millionen Euro im Vergleich zum Vorjahr. So sank die Netto-Marge in diesem Zeitraum von 14,8 auf jetzt nur noch rund 10 Prozent.
Die aktuelle Schwäche resultiert vor allem aus einem stockenden Markt für Hypotheken. Dazu erklärt das Unternehmen: „Der Hypothekenmarkt dürfte sich in einem weiterhin schwierigen Umfeld bewegen und somit dürfte auch das Volumen im 2. Quartal im Immobilienbereich weiter zurückgehen. (…) Die wahrscheinliche Stabilisierung der Zinssätze, im Kontext großer geopolitischer und wirtschaftlicher Unsicherheit, rechtfertigt die Erwartung einer allmählichen Verbesserung des Marktes im Jahresvergleich ab dem 3. Quartal 2023.“
Was bei diesem Wachstumswert aus Italien überzeugt, ist das langfristige Wachstum. Das zeigt ganz deutlich der Blick zurück auf das Unternehmen vor zehn Jahren. Damals stand der italienische Immobilienmarkt massiv unter Druck als direkte Folge der Euro-Krise 2011. Doch die erfahrenen Gründer Marco Pescarmona und Alessandro Fracassi haben Gruppo MutuiOnline in ruhiges Fahrwasser gelenkt und das stetige Wachstum vorangetrieben. Beide Köpfe halten über das Unternehmen Alma Ventures in Summe über 30 Prozent am Unternehmen. Gruppo Mutui ist ein gutes Beispiel für ein eigentümergeführtes Unternehmen.
Ein weiterer langjähriger Großaktionär ist die Investmentaktiengesellschaft für langfristige Investoren TGV aus Deutschland mit einem Anteil von 22,24 Prozent.
Wie stabil das Wachstum in den vergangenen zehn Jahren war, zeigt der Vergleich wichtiger Kennzahlen über diesen langen Zeitraum. So ist der Umsatz von rund 21 Millionen Euro 2012 auf zuletzt knapp 180 Millionen Euro im Jahr 2022 gestiegen. Gleichzeitig blieb auch die Ertragskraft hoch. So hat sich die operative Marge nach einer Schwäche in den Jahren 2012 und 2013 seitdem wieder bei über 20 Prozent festgesetzt. Unterm Strich führte das bei einer sehr stabilen Aktienanzahl zu einem massiven Anstieg des Gewinns pro Aktie: 2012 lag der Wert hier bei nur 0,09 Euro, 2022 waren es 1,24 Euro.
Und tatsächlich agieren die beiden Gründer von Gruppo MutuiOnline umsichtig und mit einem langen Atem. So wurde die Expansion nach Frankreich und Spanien lange vorbereitet und erst vor wenigen Monaten dann wirklich umgesetzt. Bei etablierten Geschäftsmodellen wie dem Online-Vergleich oder den Preisdatenbanken bietet sich die Strategie der Internationalisierung an.
Ein weiteres Beispiel für das geschickte Handeln des Managements war die Auslagerung eines Teils der Softwareentwicklung nach Rumänien. Das brachte nicht nur Kostenvorteile auf der Lohnseite. Durch die enge Verwandtschaft der Sprachen sprechen viele Rumänen auch italienisch, sodass schnell Arbeitsprozesse etabliert werden konnten.
Dabei liefert schon der Heimatmarkt für sich genommen seit Jahren verlässliche Geschäftszahlen. Nun hat 2022 eine kleine Wachstumsdelle gebracht – die aber nicht lange andauern wird. So schätzt das Management auf Basis der aktuellen Daten zum ersten Quartal 2023 die weiteren Aussichten für das laufende Geschäftsjahr positiv ein.
Unser Fazit: Gut positioniert für weiteres Wachstum
Die Investment-These für Gruppo MutuiOnline lässt sich so zusammenfassen: Durch die Internationalisierung ist das Unternehmen künftig noch deutlich breiter aufgestellt. Das bietet speziell in Spanien einige Sonderchancen, da hier beispielsweise das Geschäft von Versicherungsvergleichen noch nicht so stark ausgebaut ist. Entsprechend planen italienische Versicherungen mit neuen Produkten über die Vergleichsportale von Gruppo MutuiOnline den Einstieg in den spanischen Markt.
Die Wachstumschancen sind noch aus einem anderen Grund gegeben: In Italien liegt das digitale Versicherungsgeschäft und auch die anderen Bereiche in diesem Segment noch deutlich unter dem Anteil in Deutschland. Und das deutsche Volumen rangiert wiederum deutlich unterhalb des Anteils in Großbritannien. Grundsätzlich bietet sich hier also noch weiteres Entwicklungspotenzial für den heute schon wichtigen Geschäftszweig. Gerade auch in Zeiten mit deutlich gestiegenen Zinsen lohnt sich der Vergleich umso mehr.
Daher sind zwar höhere Zinsen erst einmal schlecht für das Geschäft, weil das Volumen der neuen Hypothekenverträge sinkt, doch mit der starken Marktstellung in Italien ist es gut möglich, dass dann die Anzahl der Vergleichsabfragen bald wieder zunehmen wird.
Hinzu kommt, dass das Unternehmen schon seit langer Zeit mit einer guten Kapitalallokation punktet. Das Management hat flexibel auf sich verändernde Marktbedingungen reagiert – entweder mit Aktienrückkäufen oder Dividendenausschüttungen oder auch mit gezielten Zukäufen.
Anders gesagt: Marco Pescarmona und Alessandro Fracassi sind einfach Unternehmer mit einem guten Gespür. Sie haben etliche Krisen, wie die globale Finanzkrise 2008/2009, die Euro-Krise 2011 und zuletzt die Corona-Krise 2020-2021, nicht nur gemeistert, sondern in diesen Zeiten gut agiert – auch im Sinne der Aktionäre. So sind sie auch nicht vor einer kompletten Dividendenkürzung zurückgeschreckt, als die Lage dies aufgrund der Planungsunsicherheit erforderte.
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