Ryman Healthcare: „Gut genug für Mutti“ - Frankfurter Investment Blog

Ryman Healthcare Aktienanalyse: „Gut genug für Mutti“

Über den eigenen Tellerrand hinausschauen– das ist eines der Prinzipien bei Shareholder Value Management. Mit Ryman Healthcare haben wir so weit hinausgeschaut wie nur möglich: Das Unternehmen kommt aus Neuseeland. Dort ist es mit Abstand der größte Anbieter von Seniorenwohnanlagen und Pflegeheimen mit einem exzellenten Ruf. Was dieses Unternehmen ausmacht und warum wir diese Aktie schon seit 2017 u.a. im Frankfurter Aktienfonds für Stiftungen halten, erfahren Sie in dieser aktuellen Kolumne.

Kurz zu den Fakten: Ryman Healthcare (WKN 749279) gibt es seit 1984, mittlerweile betreibt das Unternehmen 43 Senioren-Wohnanlagen in Neuseeland und Australien. Dort leben heute mehr als 12.750 Bewohner und 6.300 Beschäftigte kümmern sich um deren Belange. Die Anekdote zur Gründung des Unternehmens zeigt schon sehr deutlich, aus welchem Holz die Manager geschnitzt sind:

1983 untersuchte der Polizist Kevin Hickman den Brand in einem Altenheim – und was er dort sah gefiel ihm überhaupt nicht: Die Bewohner waren in 4-Bett-Zimmern untergebracht mit Gemeinschaftstoiletten auf dem Flur. Hickman dachte sich: Das ist keine Einrichtung, die ich für meine Mutter haben möchte – sollte sie einmal Pflege benötigen.

Nach dem Abschied aus dem Polizeidienst formte Hickman zusammen mit seinem Geschäftspartner John Ryder ein Unternehmen, um das früher erkannte Problem anzugehen. Sie nannten es Ryman – als passende Kombination aus den beiden Nachnamen. Schnell war das Konzept für ein erstes modernes Altenheim geboren. Es wurde 1984 in Christchurch eröffnet, schnell folgten an anderen Standorten weitere Häuser.

 


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Ein Großteil der Gewinne wird traditionell ins Unternehmen reinvestiert

 

Wie viele Start-ups stand auch Ryman zu Beginn vor großen Herausforderungen bei der Finanzierung. Deshalb wurden die ersten Anlagen in Etappen gebaut und es entstand der Plan die Innenfinanzierung durch den Verkauf von Wohnrechten zu unterstützen.

Beim Börsengang im Jahr 1999 hat Ryman Healthcare 25 Millionen neuseeländische Dollar am Kapitalmarkt eingesammelt. Aufgrund der cleveren Finanzierungstrategie konnte das Unternehmen in den folgenden Jahren über 5 Mrd. NZD in neue Anlagen investieren. Wohlgemerkt ohne neue Aktien auszugeben und überdies mit Dividendenzahlungen von mehr als einer Milliarde.

 

Einrichtung eines Ryman Zimmers mit blauem Bett
Eine typische Einrichtung in einem Ryman Village. © Foto: Shareholder Value Management AG / Ralph Baumann

Expansion geht weiter – mit Fokus auf Australien

 

Ryman hebt sich u.a. durch den höheren Anteil an Intensivpflege klar von der Konkurrenz ab und hat das Geschäftsmodell in zwei Bereiche aufgeteilt:

  • Alterswohnen
  • Intensivpflege  

Der Vorteil dieses Ansatzes: Wenn die Bewohner ihr Eigenheim verkauft haben, sind sie einmal im Ryman Village angekommen und müssen dann keine großen Umzüge mehr durchführen. Tatsächlich ist der nahtlose Übergang der Bewohner von Alterswohnen in die Pflege der entscheidende Erfolgsfaktor. Dies schlägt sich auch in den hohen Belegungsraten nieder, welche seit vielen Jahren bei über 97% liegen. Faktisch entspricht es einer Vollbelegung mit kurzem Leerstand bei Neubezug und Wechsel. Solche eindrücklichen Zahlen sind nur möglich, weil die Nachfrage so hoch ist, dass an den meisten Standorten lange Warteliste geführt werden.

Die starke Marktstellung von Ryman basiert auf der hohen Qualität der angebotenen Dienstleistungen. Das wird an zwei Punkten exemplarisch deutlich. Zum einen zahlt Ryman die höchsten Löhne in der Branche. In der Folge gehen die besten Krankenschwestern zum Unternehmen. Zum anderen hat Ryman selbst bei den Kontrollinstanzen in Neuseeland und Australien einen guten Ruf. Die offiziellen Inspektionen finden bei Ryman nur alle 5 Jahre statt – bei der Konkurrenz liegt die Frequenz bei 4 Jahren. Das sind alles Qualitätsmerkmale, die wiederum neue Bewohner anziehen – immer nach dem Motto: „It`s good enough for Mum and Dad“

Beim Blick auf das Geschäftsmodell wird klar: Die Gewinne erzielt Ryman dabei nicht im Pflegebereich – weil hier die eigenen Kosten eben sehr hoch sind. Der größte Gewinnbringer ist das betreute Wohnen. Hier ist ganz klar der Mittelstand die Zielgruppe – zumeist mit einer eigenen Immobilie, die oft schon seit Jahrzehnten gehalten wird und deshalb einen enormen Wertzuwachs aufweist. Beim Umzug in ein Ryman Village verkaufen die künftigen Bewohner dann das eigene Haus und kaufen sich mit einem Teil des Erlöses ein lebenslanges Wohnrecht bei Ryman.

 

Lebenslanges Wohnrecht bietet Kunden Sicherheit

 

Die neuen Bewohner zahlen Ryman einen Belegungsvorschuss für ihr lebenslanges Wohnrecht – egal ob es sich um eine einfache Wohneinheit oder eine mit Betreuung handelt. Diese Summe liegt um 20 bis 25% oberhalb der Baukosten, doch immer noch unter dem Marktwert einer Wohneinheit auf dem normalen Immobilienmarkt in dieser Region.

Wird eine Einheit von den Bewohnern wieder geräumt, wird der Vorschuss anteilig zurückgezahlt. Ryman behält eine Managementvergütung von 4% pro Jahr ein, die auf 20% der Gesamtsumme des Vorschusses begrenzt ist.

Dies ist eine wichtige Einnahmequelle für Ryman. Hinzu kommen die laufenden Zahlungen für die erbrachten Pflegeleistungen und die Erträge aus dem Wiederverkauf von lebenslangen Wohnrechten in frei gewordenen Einheiten.

 

Erträge aus den Wohnrechten sind die Basis der Refinanzierung

 

Mit diesen Erträgen und in der Kombination mit klassischen Bankenfinanzierungen ist Ryman in der Lage, das eigene Wachstum zu finanzieren. Nach Fertigstellung eines Objekts wird eben nur das Wohnrecht, nicht aber das Objekt an sich verkauft. Diese Einnahmen kann Ryman zur Refinanzierung einsetzen. Das Geniale an diesem Geschäftsmodell ist also die Refinanzierung durch die eigenen Bewohner, die das stetige Wachstum ermöglicht und das ohne erneute Kapitalerhöhungen.

Da Ryman dauerhaft Besitzer der Immobilien bleibt, ist es so auch möglich, den Bestand zu beleihen. Das bietet einen großen Vorteil im Vergleich zu anderen Immobilieninvestments, denn so kann Ryman das eigene Wachstum von über 10% p.a. aus den laufenden Erträgen bestreiten.

 

2-fache Finanzierungsstruktur als Erfolgsfaktor

 

Bei anderen Immobilieninvestments ist aus dem Bestand heraus in der Regel ein Wachstum von 2 bis 3% p.a. möglich und dann entfällt jedoch in vielen Fällen die Dividende. Die grundsätzliche Finanzierungsstruktur bei gängigen Immobilienanlagen - ob nun klassische Immobilienunternehmen oder auch spezialisierte REITs begrenzt das Wachstum. Aufgrund der 2-fachen Finanzierungsstruktur bei Ryman aus zusätzlichen Erträgen durch die Wohnrechte und der klassischen Bankenfinanzierung ist das Wachstum deutlich höher, zusätzlich schüttet Ryman noch eine Dividende aus. Daher reiht sich auch diese Ertragsperle aus Neuseeland in unsere Liste der wunderbaren Unternehmen ein.

Von der Qualität der Wohnanlagen haben wir uns schon persönlich überzeugt: Ralph Baumann, Head of Research bei Shareholder Value Management war im Dezember 2019 vor Ort in Neuseeland und hat sich ein Ryman Village aus der Nähe angeschaut und sich intensiv mit dem Chairman Dr. David Kerr ausgetauscht. Dabei durfte die Besuchergruppe spontan aus vier möglichen Standorten auswählen. „Wir sollten so die Möglichkeit bekommen, auf jeden Fall eine Anlage zu sehen, die eben nicht extra für diesen Besuch besonders hergerichtet worden war“, erklärt Ralph Baumann dazu in der Rückschau.

 


Ryman Healthcare Chairman Dr. David Kerr (rechts) bei der Besichtigung eines Ryman Village im Dezember 2019. © Foto: Shareholder Value Management AG / Ralph Baumann

Bevölkerung über 80 Jahre wird massiv ansteigen – das bietet viel Potenzial für Ryman

 

Dabei sind die weiteren Wachstumsaussichten für die beiden Hauptmärkte - also Neuseeland und die australischen Bundesstaaten Victoria und New South Wales– sehr gut.

Ein guter Bezugspunkt ist hier die Entwicklung der Bevölkerung von 80 Jahre und älter. So soll der Bevölkerungsanteil der über 80-jährigen in Neuseeland von heute 180.000 auf 400.000 im Jahr 2040 ansteigen und dann 2060 sogar die Marke von 550.000 überschreiten.

Daher bietet die aktuell schon starke Marktstellung und das Wachstumspotenzial von 4 bis 5% auf Sicht der kommenden Jahrzehnte eine stabile Basis für das, was wir bei Shareholder Value Management ein wunderbares Unternehmen nennen. Positiv sind hier auch die überschaubaren Planungszyklen bei den neuen Anlagen, die in der Regel bei zwei bis drei Jahren liegen. Das bietet eine gute Planbarkeit mit einem stabilen und berechenbaren Wachstum auf Sicht der nächsten Jahre.

Schon heute ist Ryman Healthcare eines der größten Unternehmen im neuseeländischen Leitindex NZX50. Spannende Tatsache am Rande: 5 der 50 Firmen stammen aus dieser Branche. Hier wird also die Bedeutung des Sektors aus wirtschaftlicher Hinsicht klar.

 


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Heiko Böhmer

Heiko Böhmer

Heiko Böhmer verfügt über mehr als 20 Jahre Finanzmarkterfahrung. Als Kapitalmarktstratege bei Shareholder Value Management zeigt er, wie wirtschaftliche Entwicklungen und Anlagetrends zusammenhängen. Ein besonderer Schwerpunkt liegt dabei auf den Einzeltiteln und den Aktienstrategien von Shareholder Value Management.