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Standardchemie und Spezialchemie sind zwei völlig unterschiedliche Geschäftsfelder einer spannenden Branche. Während Standardprodukte oft auf Kosten- und Wettbewerbsbasis bepreist werden, da sie bei verschiedenen Anbietern gleich sind, ist die Situation bei Spezialchemikalien anders. Hier spielt der Kundennutzen eine entscheidende Rolle. So kommt es immer wieder vor, dass ein Kunde einen höheren Preis zahlt, wenn das Produkt für ihn einen besonderen Wert hat. Azelis kann genau hier mit hochwertigen und individuellen Produkten punkten.
1. Globaler Markt für Spezialchemikalien wächst stabil
2. Diese spezielle Branche zeichnet sich durch hohe Preissetzungsmacht aus
3. Fragmentierte Branche bietet Azelis Übernahmechancen
4. Die M&A-Pipeline ist gut gefüllt
5. Fazit: Azelis bietet stabiles Wachstum in einer Nischenbranche
Daher sind kosten- und wettbewerbsorientierte Preisgestaltungsmodelle bei Spezialchemikalien weniger sinnvoll. Stattdessen sollte von Seiten der Anbieter der Fokus darauf liegen, den spezifischen Nutzen für den Kunden zu ermitteln und darauf basierend den Preis festzulegen. Im Endeffekt sind die Spezialchemie-Unternehmen die Problemlöser für die Kunden. Dabei wird die Nachfrage im Geschäft mit Spezialchemikalien von verschiedenen Faktoren beeinflusst:
Diese Faktoren tragen dazu bei, die Leistung, Haltbarkeit und Nachhaltigkeit von Endprodukten zu verbessern und den Markt für Spezialchemikalien zu gestalten.
Das Marktpotenzial für Spezialchemikalien ist vielversprechend und zeigt ein stetiges Wachstum. Laut einem Bericht von Fortune Business Insights wird die globale Marktgröße für Spezialchemikalien von 721,5 Milliarden US-Dollar im Jahr 2024 auf 1.063,4 Milliarden US-Dollar im Jahr 2032 anwachsen, bei einer durchschnittlichen jährlichen Wachstumsrate von fünf Prozent im Prognosezeitraum.
Grundsätzlich finden Spezialchemikalien Anwendung in verschiedenen Branchen wie Textilien, Öl und Gas, Bauwesen, Lebensmittel und Kosmetik. Die Nachfrage nach lebenswichtigen Chemikalien und innovativen Lösungen treibt das Marktwachstum weiter an.
Azelis ist nun ein belgisches Unternehmen aus dem Bereich des Großhandels der Spezialitätenchemikalien. Nach dem niederländischen Wettbewerber IMCD ist Azelis der weltweit zweitgrößte reine Distributor für Spezialchemie. Die beiden weiteren großen reinen Spezialchemiedistributoren, Barentz und Connell Caldic, sind aktuell nicht an der Börse. Die deutsche Brenntag und die amerikanische Univar sind nicht mit Azelis und seinen Wettbewerbern in der Gänze vergleichbar, da sie auch Standardchemikalien vertreiben und eben nicht nur Spezialchemikalien anbieten.
Der Großhandel mit Spezialchemikalien zeichnet sich durch exklusive Lieferantenbeziehungen aus. Lieferanten wie Geschäftseinheiten von BASF, DSM-Firmenich oder Croda haben große Summen in die Forschung und Entwicklung für die Herstellung der einzelnen Spezialchemikalien investiert. Um eine angemessene Rendite auf ihre Investition zu erhalten und insbesondere ruinösen Preiswettbewerb zu verhindern, gehen die Lieferanten exklusive Vertriebsbeziehungen auf Basis einzelner Länder, Regionen und sogar auf globaler Basis mit speziellen Großhändlern ein.
Großhändler wie Azelis vertreiben und beraten die kleinen bis mittelgroßen Kunden der Lieferanten. Sie sind auch für die Einhaltung der vielen regulatorischen Standards der Produkte verantwortlich und helfen den Kunden, in eigenen Laboren ihre Produkte weiterzuentwickeln. Sie helfen auch den Lieferanten durch das Teilen von Marktrends und Chancen für Produktinnovationen. Kunden profitieren durch das breite und durch viele verschiedene Lieferanten zusammengesetzte Produktportfolio von einzigartigen Zusammensetzungen der verschiedenen Spezialchemikalien (genannt Formulierungen).
Diese haben große Effekte auf die Produkteigenschaften, machen allerdings nur einen kleinen Teil der Gesamtkostenstruktur des jeweiligen Kunden aus. Die Preissetzung liegt ganz alleine im Ermessen des Großhändlers. Die Spezialchemikalien werden unter den Markennamen der Lieferanten/Hersteller vertrieben, somit ist eine direkte Vergleichbarkeit der Produkte verschiedener Großhändler schwer. Die durchschnittliche Höhe einer Bestellung pro Kunde liegt bei ca. 9.000 Euro und ein typischer Kunde bestellt bis zu 9-mal im Jahr und somit für ca. 60.000 Euro im Jahr. Da die Kunden die Spezialchemikalien bei nur einem Großhändler erhalten kann und der Großhändler einen einzigartigen Marktüberblick über die möglichen Kunden hat, sind sowohl die Lieferanten- als auch Kundenbeziehungen durch extreme Loyalität geprägt.
Die Branche der Spezialchemiedistribution ist extrem fragmentiert. Die 10 größten Unternehmen der Branche haben zusammen einen Marktanteil von nur ca. 13 Prozent. Das erfordert eine sehr kleinteilige und ineffiziente Aufstellung im indirekten Vertrieb der Hersteller von Spezialchemikalien. Azelis macht sich das zunutze und wächst stetig weiter. Im Endeffekt verfolgt das Unternehmen dabei den Ansatz eines Serial Acquirers: durch den Erwerb kleinerer Wettbewerber auf globaler Basis ermöglicht Azelis seinen Lieferantenpartnern eine deutlich effizientere Aufstellung des indirekten Vertriebs.
Als Serial Acquirer hat Azelis einen hochgradig strukturierten und disziplinierten Akquisitionsprozess. Das Sourcing möglicher Akquisitionen wird meistens von den einzelnen Ländergesellschaften angetrieben. Sie kennen ihre lokalen Märkte im Detail und wissen welche Unternehmen ein passendes Produktportfolio und kulturelle Eignung mitbringen. Zusammen mit einem zentralen M&A Team und einem PMI (Post Merger Integration) Team werden mögliche Zukäufe geprüft und geschaut das die jeweilige Akquisition wertschaffend auf das eingesetzte Kapital ist (ROIC).
Die Verhandlungen finden oft auf exklusiver Basis statt. Es gibt wenig Wettbewerb für kleinere Akquisitionen. Aufgrund der exklusiven Lieferantenbeziehungen und der Wettbewerbssituation unter den Lieferanten kann es bei der falschen Akquisition ansonsten zur Beendigung der bestehenden Lieferantenbeziehungen kommen. Das hat negative Auswirkungen auf das Bestandsgeschäft oder das Geschäft des möglichen Übernahmeziels.
Azelis als auch die Wettbewerber wie IMCD, Barentz und Connell Caldic erwerben deshalb nur Unternehmen mit kleinen Lieferantenkonflikten. Dieser Logik folgend haben Azelis und seine Wettbewerber häufig kein Interesse an denselben Zielen und führen keine ruinösen Bieterwettkämpfe. Azelis hat eine stattliche M&A Pipeline über die Zeit aufgebaut und gibt keine jährliche oder mittelfristige absolute Geschäftsprognose. So gibt es keinen Druck Akquisitionen nur der Größe willens zu schlechten Kapitalrenditen durchzuführen.
Als langfristiges Rahmenbild stellt Azelis ein durchschnittliches Umsatzwachstum von acht bis zehn Prozent pro Jahr sowie eine leichte Margenausweitung in Aussicht. Bei der aktuellen Bewertung von ca. 12x EBITA halten wir das aktuelle Bewertungsniveau absolut wie auch relativ gegenüber dem Wettbewerber IMCD (18x) für attraktiv. Das Private Equity Unternehmen EQT hat das Unternehmen 2021 an die Börse gebracht. Auch heute ist EQT mit ca. 36 Prozent der Unternehmensanteile der größte Aktionär des Unternehmens. Mittelfristig will EQT seine Anteile wohl abgeben. Das kann zu einer Neubewertung der Aktie beitragen. Ein anderer wichtiger Großaktionär ist Singapurs Staatfonds Temasek.
Azelis ist ein unbekannter Player in einer Nischenbranche – doch genau das bietet durch die stabilen Erträge und das weitere Potenzial als Serial Acquirer etliche neue Unternehmen erfolgreich zu integrieren und so weiter zu wachsen.