Viele Menschen sind derzeit depressiv. „Zurecht!“ kann man da nur sagen. Lockdown folgt Lockdown. Oster - „Ruhetage“ werden angeordnet - und dann wieder zurückgezogen. Das Impfen stockt, genauso wie die Schnelltests. Da kann man schon verzweifeln. Aber nicht vergessen: Bald gibt es wieder Geld, viel Geld! Man könnte sogar sagen einen wahren Geldregen! Denn in wenigen Wochen beginnt sie wieder: Die Dividendensaison!
Mehr als 30 Milliarden Euro schütten die Mitglieder der DAX-Familie aus. Und einige Unternehmen, wie etwa Eon, Freenet oder die Aareal Bank, locken mit Dividendenrenditen von über 5 Prozent. In Zeiten von Null- bzw. Minuszinsen ist das eine ganze Menge. Das meiste Geld wird allerdings wie gewohnt wieder ins Ausland fließen, schließlich ist der DAX mehr oder weniger fest in ausländischer Hand. Auf der anderen Seite kann man feststellen: Die Zahlung der Dividende steht für Anleger in Zeiten der Corona-Krise mehr denn je im Fokus! Und – Corona hin, Corona her - die Unternehmen können sich die Ausschüttungen leisten. Nach Berechnungen des Handelsblatts haben die 30 Konzerne im Dax im vergangenen Jahr 117,7 Milliarden Euro verdient. Das sind nur 3,9 Prozent weniger als im Vorkrisenjahr 2019. Vonovia, die Deutsche Post, SAP, Linde und die Deutsche Börse machten sogar so hohe Nettogewinne wie nie zuvor.
Also: Große Freude auf den Geldregen? Nun, für uns gilt das nicht unbedingt! Wir wollen im Idealfall eigentlich keine Dividende! Das mag sich komisch anhören und ist vielleicht auch etwas überspitzt ausgedrückt. Denn für viele unserer Kunden sind Ausschüttungen wichtig, so etwa für Stiftungen, die damit ihrem Stiftungszweck nachkommen können. Ähnliches gilt für einige institutionelle Investoren. Deshalb schüttet der ‚Frankfurter Aktienfonds für Stiftungen‘ auch zwei Mal im Jahr je mehr als 1,5% aus.
Aber als Investor sehen wir die Ausschüttung von Dividenden in vielen Fällen kritisch. Denn wir erwarten von den Unternehmen, dass sie Besseres mit ihrem Geld anfangen können, als Dividenden auszuschütten. Sie sollen es lieber investieren, um so hohe Wertzuwächse zu erzielen. Entscheidend für uns ist die Rendite auf das investierte Kapital und, dass eine Firma wachsen kann. Fällt diese Verzinsung hoch aus, dann ist das Unternehmen für die Aktionäre langfristig attraktiv. Das Kapital sollte also im Unternehmen reinvestiert werden, statt es als Dividenden auszuschütten. Voraussetzung dafür ist aber ein skalierbares Geschäftsmodell, dass ohne exorbitante Marketingaufwendungen wachsen kann.
Ein gutes Beispiel dafür ist Berkshire Hathaway (Blogbeitrag: Berkshire-HV: Buffett wartet noch auf echte Schnäppchen). Seit 1965 zahlt Warren Buffett keine Dividende - steigert aber stetig den Wert des Unternehmens. Das ist ablesbar am einbehaltenen Gewinn. Der erreichte bis 2020 insgesamt den Rekordwert von 444 Mrd. US-Dollar. Seit 2016 ist dieser Wert um weit über 100 Prozent gestiegen und deckt jetzt gut 80%Prozent des Börsenwertes ab.
Ein anderes Beispiel ist der britische Fahrzeug-Versicherer Admiral Group. Der Konzern fährt eine Eigenkapitalrendite von gut 50 Prozent ein. Das einzige Problem ist dabei aber, dass Admiral nicht alles wieder ins eigene Geschäft reinvestieren kann und daher 6 Prozent Dividende zahlt. Amazon ist deswegen besser, weil die Firma das Geld wieder für zukünftiges Wachstum ins Unternehmen reinvestieren kann.
Hiermit soll der Dividende nicht kategorisch der Garaus gemacht werden. Doch sollten sich die Chefs – und die Aktionäre - der Unternehmen Gedanken machen, ob nicht mehr „Value“ generiert werden kann, wenn mit den verdienten Gewinnen gezielt der Unternehmenswert gesteigert wird, statt es als Dividende auszuschütten.
Und zum Schluss: Müssen, nur um die Dividendenausschüttungen fortzuführen, Schulden aufgenommen werden, sollten bei den Aktionären die Alarmglocken klingeln! Natürlich macht eine kontinuierliche Dividendenpolitik einen guten Eindruck. Für uns als moderne Value-Investoren sind allerdings Cashflow und Kapitalrenditen die spannenderen Kennzahlen.