Warren_Buffet_der _alte_Mann_und_das_Mehr_Frank_Fischer_Kolumne

Warren Buffett: Der alte Mann und das Mehr

Ist es erstrebenswert bis ins hohe Alter zu arbeiten? Hier gehen die Meinungen weit auseinander. Doch für einen Mann steht dies außer Frage: Warren Buffett, der gestern 90 Jahre alt wurde – und wie selbstverständlich auch heute wieder ins Büro geht.

Dazu kann man nur sagen: „Happy Birthday, Warren!“ Und das aus vollem Herzen. Möge er noch lange leben! Dass er auch im biblischen Alter noch höchst aktiv ist, kann man in den letzten Tagen und Wochen überall nachlesen: So kaufte er Aktien seines Unternehmens Berkshire Hathaway zurück, weil er sie für unterbewertet hält. Auch Aktien der Bank of America wurden aufgestockt. Dagegen trennte er sich von allen Papieren amerikanischer Fluggesellschaften wie American Airlines, United Airlines oder Delta Air. Auch Goldman Sachs-Papiere wurde abgestoßen. Dafür engagagierte er sich neuerdings bei Dominion Energy und der Goldminengesellschaft Barrick Gold. Hier wurden gerade mal 564 Millionen US-Dollar investiert. Was treibt das „Orakel von Omaha“ immer wieder an, mehr Deals abzuschließen und immer weiter zu gehen? Geld ist es bestimmt nicht. Buffett ist mit rund 80 Milliarden US-Dollar einer der reichsten Menschen auf diesem Erdball. Das Geheimnis heißt „Spaß“! Arbeiten ist für ihn kein Muss, es ist Freude. Davon konnte ich mich mit meinen Mitarbeitern einige Male bei der Hauptversammlung von Berkshire Hathaway (Blogbeitrag: Berkshire Hathaway: Kommen Sie mit auf die ungewöhnlichste Hauptversammlung der Welt) selbst überzeugen. Der Mann hat einfach „Bock auf Arbeit“! Und er hat Disziplin.

 

Leider noch kein Bier, oder eine Cherry Cola mit ihm getrunken

 

Es ist jetzt nicht so, dass ich mit Buffett schon viele Bier getrunken und gequatscht hätte. Leider nicht. Aber am Rande der Hauptversammlung ist Buffett immer mal wieder zu den Treffen der deutschen Value-Gemeinschaft gekommen. Das war immer eine Chance, ein Wort mit ihm zu wechseln, auch wenn es dann nicht unbedingt um seine Anlagepolitik ging. Schließlich hatte er zu diesem Zeitpunkt unmittelbar nach der Hauptversammlung bereits schon sechs Stunden lang Fragen dazu beantwortet. Aber die Begegnungen mit dieser Legende waren immer anregend und unterhaltsam.

 

2.744 Prozent Gesamtrendite seit 1965

 

Und diesen Legendenstatus hat er sich redlich verdient. Schließlich hat Buffett nicht nur sich selbst, sondern viele seiner Investoren über die letzten fünf, sechs Jahrzehnte hin reich gemacht. Ein Vergleich der Berkshire-Hathaway-Aktie mit dem Richtwert S&P 500 zeigt eine wahnsinnige Outperformance seit 1965. Laut dem jährlichen Aktionärsbrief von Berkshire für 2019 ist die Gesamtrendite von 2.744 Prozent seit 1965 etwa 138 Mal höher als die Gesamtrendite des S&P 500 einschließlich der Dividenden im gleichen Zeitraum. Das ist, um es mal ganz dezent auszudrücken, ein absoluter Wahnsinn.

Natürlich hat Buffett in diesem Zeitraum auch Fehler gemacht. So hatte er sich beispielsweise 1993 bei Dexter Shoes heftig vergriffen. Er zahlte damals mit Aktien von Berkshire, die heute fast 9 Milliarden US-Dollar wert wären. Er hat 1,6 Prozent seiner Firma hergegeben, um ein absolut wertloses Geschäft zu kaufen. Doch Buffett trug es mit Humor: Später hat er das selbst als eine Pleite bezeichnet, die reif sei fürs Guinnessbuch der Rekorde.

 

Berkshire-Aktien nachgekauft

 

Nun, von Pleite kann bei Berkshire Hathaway keine Rede sein. Deshalb haben wir die Aktie auch kürzlich für unseren Frankfurter Aktienfonds für Stiftungen nachgekauft. Wir gehen aufgrund des weiter gedrückten Niveaus der Aktie von deutlich positiven Renditen über die nächsten fünf Jahre aus. Natürlich ist aber auch für diesen Titel der erfolgreiche Kampf gegen die Pandemie ein wesentlicher Faktor, der nicht von vornherein als gegeben angesehen werden kann. Wenn Berkshire noch weitere eigene Aktien zurückkauft, eröffnet das zusätzliche Renditechancen.

Die Chancen stehen gut, dass es sich auch zukünftig lohnen wird, Berkshire-Aktionär zu bleiben. Vor allem auch deswegen, weil Buffett sein Feld wohl gut bestellt hat. Obwohl er viele der Investitionen selbst verantwortet, wird immer deutlicher, dass er in den letzten Jahren damit begonnen hat, die Zügel an Todd Combs und Ted Weschler zu übergeben. So sind diese, wie man hört, wohl auch verantwortlich für die jüngsten Engagements bei Barrick Gold und bei Dominion Energy. Denn eines ist klar: Auch Legenden leben nicht ewig. Trotzdem wünschen wir Buffett zusammen mit seinem Kumpel Charlie Munger noch viele Jahre Gesundheit … und natürlich jede Menge „Spaß bei der Arbeit“!

 

Frank Fischer

Frank Fischer

Frank Fischer, Jahrgang 1964, ist Vorstandvorsitzender (CEO) der Shareholder Value Management AG und übt dort die Funktion des Chief Investment Officers (CIO) aus. Außerdem ist Frank Fischer Vorstandsmitglied der Shareholder Value Beteiligungen AG. Bis Ende 2005 war Frank Fischer als Geschäftsführer von Standard & Poor´s Fund Services (vormals Micropal GmbH) zuständig für Investmentfonds-Informationen und -Ratings.