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Berkshire-HV: Buffett wartet noch auf echte Schnäppchen

Er saß etwas einsam und verloren mit seiner obligatorischen Cola vor der Kamera. So ganz ohne seinen alten Kumpel und Weggefährten Charlie Munger musste Warren Buffett die Hauptversammlung von Berkshire Hathaway leiten. Gut, mit gebührendem Abstand an seiner Seite hatte Greg Abel, Vorsitzender und CEO von Berkshire Hathaway Energy und seit Januar 2018 stellvertretender Vorsitzender des Nichtversicherungsgeschäfts, Platz genommen. Aber das war nicht dasselbe. Im vergangenen Jahr hatten noch mehr als 40.000 Aktionäre das CenturyLink Center in ein Tollhaus verwandelt. In diesem Jahr waren Buffett und Abel allein. „Charlie ist in guter Verfassung“, versicherte Buffett zu Beginn der Online-HV. Aber für eine Veranstaltung ohne Aktionäre und ohne großes Publikum hatte Munger anscheinend keine Lust.

 

Hohe Verluste, aber das operative Geschäft läuft gut

 

Buffett war also mehr oder weniger allein, die Corona-Pandemie hatte ein erneutes Spektakel verhindert. Wie der Corona-Virus sowieso die Tagesordnung beherrschte. Das wurde schon an den Zahlen zum 1. Quartal deutlich: Berkshire Hathaway verbuchte in den ersten drei Monaten einen Rekordverlust von knapp 50 Milliarden Dollar. In Q1 2019 war noch ein Nettogewinn von 21,7 Milliarden Dollar ausgewiesen worden. Verantwortlich für das Minus waren vor allem die Kursverluste seit Beginn der Pandemie.

Das ärgert Buffett aber, denn es hält dies nur für eine Momentaufnahme und um reine Buchverluste. Wegen einer Änderung der Bilanzierungsregeln muss Berkshire Hathaway seit 2018 auch unrealisierte Kursverluste in der Gewinn- und Verlustrechnung berücksichtigen. Buffett hatte das immer wieder kritisiert und seinen Aktionären stattdessen empfohlen, dem Nettogewinn keine Beachtung zu schenken. Er verweist lieber auf das operative Geschäft. Hier wurde im ersten Quartal ein Gewinn von 5,9 Milliarden Dollar verbucht. 300 Millionen mehr als im Jahr zuvor.

 

Alle Airline-Aktien verkauft

 

Doch Buffett musste auch reale Verluste einräumen, die aber erst in Q2 zu Buche schlagen. Dies betrifft vor allem die Aktien der großen US-Fluggesellschaften. Vor Ausbruch der Krise hatte Berkshire Hathaway noch mehrere Milliarden Dollar in Aktien von American Airlines, United Airlines, Delta Air Lines und Southwest Airlines gehalten. Nun wurden diese allesamt mit Verlust verkauft, wie Buffett einräumte. "Die Welt hat sich für die Fluggesellschaften verändert", und die Gewinnsituation dramatisch eingetrübt, so Buffett. Ein Investment sei daher nicht mehr attraktiv. Dabei räumte er auch eigene Fehleinschätzungen ein.

Das hatte zur Folge, dass im April für 6,5 Milliarden Dollar Aktien verkauft wurden. Auf der anderen Seite wurden nur 426 Millionen Dollar neu investiert. Das erstaunt angesichts der Tatsache, dass Berkshire Hathaway auf einem Cash-Polster von rund 137 Milliarden Dollar sitzt. Aber Buffett machte indirekt klar, dass er die Zeit für größere Engagements noch nicht für reif halte. Die Situation der US-Wirtschaft sei wegen Corona noch nicht abschließend zu beurteilen.

 

Pandemie wird noch „deutliche Spuren“ hinterlassen

 

Was die Krise insgesamt betrifft, so ist Buffett aber optimistisch. Die USA hätten schon schlimmere Situationen überstanden. Die Pandemie werde zwar „deutliche Spuren“ hinterlassen. Das treffe auch auf einige Tochterunternehmen von Berkshire Hathaway zu. Man werde aber damit fertig werden.

Diese Zuversicht beruhigt auch uns als Aktionäre, schließlich halten wir die Aktie in unseren Mandaten wie dem Frankfurter Aktienfonds für Stiftungen und anderen. Dass die Krise aber die amerikanische Wirtschaft noch mindestens zwei Jahre beeinträchtigen wird, ist auch Buffett klar. So scheint er auch noch niedrigere Kurse zu erwarten bevor er größere Positionen neu eingeht. Oder, um es mit einer Value-Weisheit zu sagen: Es ist noch nicht die Zeit, wo ALLE anderen nur noch Angst haben! Wenn dem so ist, wird es Unternehmen geben, die über die Zeit sagen werden: „Bitte hilf mir mit Fremdkapital“. Dann wird sich Buffett mit seinem Cash solche Engagements vergolden lassen. Als Aktionär muss man nur die notwendige Geduld mitbringen.

 

Das Versprechen

 

Selten, aber doch einige Male, blitze während der Rede ein verschmitztes Lächeln über das Gesicht von des Altmeisters. Vor allem immer dann, wenn er optimistisch in die Zukunft schaute. Das breiteste Grinsen war allerdings zu bemerken, als er nochmal auf Charlie Munger zu sprechen kam. „Charlie wird nächstes Jahr wieder hier sein. Das hat er mir fest versprochen“, berichtete Buffett. Dann ist sein Weggefährte immerhin schon 97 Jahre alt. Einen Mangel an Optimismus kann man den beiden Haudegen wirklich nicht vorwerfen!

 

Frank Fischer

Frank Fischer

Frank Fischer, Jahrgang 1964, ist Vorstandvorsitzender (CEO) der Shareholder Value Management AG und übt dort die Funktion des Chief Investment Officers (CIO) aus. Außerdem ist Frank Fischer Vorstandsmitglied der Shareholder Value Beteiligungen AG. Bis Ende 2005 war Frank Fischer als Geschäftsführer von Standard & Poor´s Fund Services (vormals Micropal GmbH) zuständig für Investmentfonds-Informationen und -Ratings.