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In China brennt der Big-Tech-Baum

Chinas große Big-Tech-Firmen haben es im Moment nicht gerade leicht mit der Zentralregierung in Peking. Dabei sah es bis vor Kurzem gar nicht mal so schlecht aus, denn das Verhältnis zwischen der Kommunistischen Partei und Chinas Internetgiganten galt insgesamt als recht gut. In der Corona-Krise war es sogar ein Segen, dass nahezu alle Chinesen bei Alibaba und Tencent registriert sind. So konnte Peking die Pandemie schneller in den Griff bekommen als die meisten anderen Länder. Autokratie, Oligopol und das Credo “gesellschaftlicher Nutzen vor Datenschutz” hatte bestens funktioniert.

Dann aber hatte die Aufsichtsbehörde überraschend den Börsengang der Alibaba-Tochter Ant Financial blockiert. Und kaum war dieser Schock verdaut, präsentierte die State Administration for Market Regulation (SAMR) einen Entwurf für ein Gesetz, das die Monopolbildung in der Plattformökonomie unterbinden soll. Die Aktienkurse von Alibaba & Co. verloren in wenigen Tagen bis zu 20 Prozent. Damit mussten sie eine Wertverlust von über 200 Milliarden Dollar verkraften.

 

Peking will den Wettbewerb in der Digitalwirtschaft fördern

 

Ziel der Maßnahmen ist offiziellen Angaben zufolge, den Wettbewerb in der Digitalwirtschaft zu fördern, den Marktzugang für kleine und mittelgroße Unternehmen zu erleichtern und einen rechtlichen Rahmen für ein stabiles Wachstum zu setzen. Konkret wird den Plattformen untersagt, Händler zu Exklusivverträgen zu zwingen, Ratings zu manipulieren, Konsumentendaten zu Lasten des Kunden zu missbrauchen, unlautere Preise zu setzen, Verkäufe unter Anschaffungskosten zu tätigen oder Preisdifferenzierung auf Basis von Kaufverhalten und Zahlungsfähigkeit vorzunehmen.

 

Alibaba & Co. waren „not amused“!

 

Alibaba & Co. waren „not amused“! Denn Peking will der Marktmacht von Alibaba und Tencent, die beide auch im Portfolio unseres Frankfurter Aktienfonds für Stiftungen enthalten sind, Einhalt gebieten. Ähnlich wie in den USA, wo Alphabet mit seiner Tochter Google, Facebook, Amazon und die anderen Big-Techs ins Visier der Wettbewerbshüter geraten sind, haben auch die chinesischen Internetgiganten eine Marktmacht erlangt, die, so Peking, den Wettbewerbern die Luft abdrückt. Aber noch gibt es keine konkreten Anforderungen. Die Unternehmen haben signalisiert, mit der Regierung zusammenarbeiten zu wollen. Und so gilt unser Hauptaugenmerk weiterhin ihrer wirtschaftlichen Stärke

 

Rekordverkauf und Einstieg ins Modegeschäft

 

Die hat Alibaba erst vor ein paar Tagen wieder unter Beweis gestellt. Während der größten Rabattschlacht der Welt sorgte das Unternehmen für einen neuen Verkaufsrekord. Am sogenannten „Singles Day“ verkaufte der chinesische Online-Riese Waren im Wert von 498,2 Milliarden Yuan (rund 63,8 Milliarden Euro). Zudem steigt Alibaba jetzt auch ins Modegeschäft ein. Anfang November ging der Konzern eine Partnerschaft mit dem Luxusgüterkonzern Richemont und dem E-Commerce-Unternehmen Farfetch ein. Das 2008 gegründete Unternehmen unterscheidet sich von anderen Online-Händlern dadurch, dass die Website als virtueller Marktplatz funktioniert. Auf diesem bieten kleinere Boutiquen aus der ganzen Welt auf Kommissionsbasis ihre Waren an. Eine perfekte Ergänzung zu Alibabas bisherigem Angebot.

Und Tencent? (Blogbeitrag Tencent: Die Gewinnmaschine kommt ins Rollen!) Das Internetunternehmen betreibt eines der größten und meistfrequentierten Serviceportale der Volksrepublik. Die Gesellschaft bietet eine breite Anzahl an Internet- und mobilen Kommunikationslösungen, darunter den Instant-Messaging-Dienst QQ, das Onlineportal QQ.com, eine Spieleplattform, einen multimedialen Social-Network-Dienst und eine chinesische Online-Community. Auch für Tencent gilt: Solange die Regulierung nicht konkrete Formen annimmt, bleibt die Aktie attraktiv.

 

Freihandelszone eröffnet völlig neue Möglichkeiten

 

Und dann ist da noch die neue Freihandelszone RCEP. Neben China sind auch Japan, Südkorea, Australien und Neuseeland dabei. Außerdem machen die zehn Asean-Staaten mit. Das sind Indonesien, Malaysia, die Philippinen, Singapur, Thailand, Vietnam, Kambodscha, Laos, Myanmar und Brunei. In vielen dieser Länder sind Alibaba & Co. bereits vertreten. Das neue Freihandelsabkommen gibt ihnen einen noch freieren Zugang zu diesen Märkten, als sie sich dies zuvor hätten träumen lassen. Was bedeutet das für die von uns beratenen Fonds, wie den Frankfurter Aktienfonds für Stiftungen oder den PRIMA – Globale Werte? Vom Bewertungsniveau, den Wachstumsaussichten sowie dem wirtschaftlichen Burggraben gehört Alibaba zu den aussichtsreichsten Titeln in unserem Portfolio. Kurzfristige politische Machtkämpfe öffnen eher Einstiegschancen für solch ein langfristiges, eigentümergeführtes Investment.

 

Frank Fischer

Frank Fischer

Frank Fischer, Jahrgang 1964, ist Vorstandvorsitzender (CEO) der Shareholder Value Management AG und übt dort die Funktion des Chief Investment Officers (CIO) aus. Außerdem ist Frank Fischer Vorstandsmitglied der Shareholder Value Beteiligungen AG. Bis Ende 2005 war Frank Fischer als Geschäftsführer von Standard & Poor´s Fund Services (vormals Micropal GmbH) zuständig für Investmentfonds-Informationen und -Ratings.