Tencent: Die Gewinnmaschine kommt ins Rollen! - Frank Fischer Kolumne

Tencent: Die Gewinnmaschine kommt ins Rollen!

Das Menü ist „Drei-Sterne-Koch“-verdächtig: Man nehme den App-Store von Apple, WhatsApp von Facebook, das Musik-Streaming von Spotify, die Bezahlfunktion der Visa-Karte und garniere das Ganze mit ein paar Gaming-Megasellern wie „Honor of Kings“ und „Clash of Clans“ sowie einem Markt von 1,4 Milliarden potenziellen Kunden – fertig ist das Giganto-Mega-Unternehmen! Gibt es nicht? Gibt es wohl! Es ist Tencent, der neben Alibaba zweite große Internetkonzern in China.

Das Unternehmen ist im Westen noch weithin unbekannt. Nicht mal in China kennt man überall den Namen Tencent. Aber dessen Messengerdienst WeChat, ohne den in China fast nichts mehr läuft. Denn Tencent ist mit WeChat heute DAS digitale Betriebssystem der Generation Z in China. Dazu zählt auch ein App-Store mit einer eigenen Entwicklungsumgebung. Die Kunden können in WeChat die Apps direkt starten. Das ist wichtiger, als es auf den ersten Blick klingt: Wenn Handykäufer in China ein neues Endgerät erwerben, geht es nicht so sehr um das eigentliche Betriebssystem – also Android oder Apple iOS. Kaufentscheidend ist vielmehr, ob das Smartphone WeChat mit seinen rund 3 Millionen Mini-Programmen, also Apps, integriert hat. Zum Vergleich: Apple bringt es im App-Store auf 1,8 Millionen Einträge und verdient damit Milliarden.

 

Milliarden-Übernehme stärkt den Gaming-Bereich

 

Ausgehend von WeChat hat Tencent aber noch viele weitere Dienste im Angebot. Gaming ist hier der wichtigste Umsatzbringer. An den weltweit 10 umsatzstärksten Spielen hat Tencent einen Marktanteil von über 40 Prozent. Dazu gehören etwa die Megaseller „Honor of Kings“ und „Clash of Clans“. Anfänglich wurden die Umsätze durch Werbeeinblendungen generiert, mittlerweile sind die Spiele in vielen Fällen aber kostenlos. Viel wichtiger für die Produzenten ist nämlich die „In Game Monetization“. Viele Spiele haben eine eigene Währung wie beispielsweise Edelsteine bei „Clash of Clans“. Nutzer kaufen mit den Edelsteinen Funktionen hinzu, mit denen man schneller und besser spielen kann. Doch damit nicht genug. Der Tech-Gigant erweitert mit dem milliardenschweren Kauf des britischen Videospiele-Entwicklers Sumo Group seine Spieleexpertise. Für 919 Millionen Pfund (umgerechnet 1,5 Milliarden Euro) wurde das Unternehmen mit 13 Büros in fünf Ländern jetzt vollständig übernommen. Die Chinesen sind für Sumo dabei keine Unbekannten, denn sie waren zuvor mit 8,75 Prozent bereits zweitgrößter Anteilseigner. Der Kaufpreis entspricht einem Aufschlag von 43 Prozent auf den letzten Schlusskurs von Sumo, das Spiele für PCs, Handys wie auch Konsolen entwickelt und sich vor allem mit Snooker- und Rennsport-Spielen einen Namen gemacht hat. Mit der Übernahme greift Tencent nun Sony an, den derzeit noch führenden Videospiele-Anbieter weltweit.

 

Streamingdienste wie Tencent Video und Tencent Music bieten noch hohes Potential

 

Doch damit nicht genug: Tencent hat mit Tencent Video und Tencent Music Entertainment auch noch Streamingdienste à la Spotify oder Netflix im Angebot. Und genau hier liegt das große Potential von Tencent. Gut 650 Millionen Nutzer sind bei diesen Streaming-Diensten registriert. Die Kunden können den Service kostenlos nutzen, jedoch mit Werbeeinblendungen. Wer es werbefrei und dazu mit noch mehr Funktionen möchte, für den gibt es das Premiumangebot per Abo. Bei Tencent Music machen davon derzeit rund 50 Millionen Nutzer Gebrauch, das entspricht gerade mal 7,7 Prozent der eingetragenen Kunden. Bei Spotify liegt die Rate der Bezahlkunden bei rund 50 Prozent. Hier schlummert also noch ein riesiges Potential.

Gleiches gilt für die Bezahlfunktion. Selbstverständlich kann man mit WeChat auch einkaufen. Ob bei der Suppenküche um die Ecke oder sonst in jedem Geschäft – die Bezahlfunktion ist einfach und simpel. Aber derzeit zumeist noch kostenfrei. Auch hier ein Vergleich. Der WeChat-Bezahldienst kann in etwa genauso viel wie der von Visa, verdient aber nur rund ein Zehntel per Transaktion. Hier liegt noch enormes Wachstumspotential. Genau deshalb ist die Aktien von Tencent so interessant und im Portfolio unseres Frankfurter Aktienfonds für Stiftungen relativ hoch gewichtet: Die Gewinnmaschine Tencent kommt gerade erst ins Rollen und verspricht für die kommenden Jahre noch hohe Wachstumsraten und damit viel Spaß für die Anleger.

 

Erster Ärger mit der KP in Peking konnte beigelegt werden

 

Doch Vorsicht: Tencent ist ein großes und wichtiges Unternehmen in China. Doch zu groß darf man auch nicht werden, sonst handelt man sich wie der Gründer und Ex-CEO von Alibaba, Jack Ma, Ärger mit der Kommunistischen Partei in Peking ein. Einen kleinen Vorgeschmack darauf hat auch Tencent schon bekommen. Bereits im Frühjahr sorgten die Exklusiv-Deals von Tencent Music mit den großen Musikstudios wie Sony, Universal oder Warner für Ärger mit den Regulierungsbehörden. Laut einem Reuters-Bericht fordern die chinesischen Wettbewerbsbehörden nun, dass Tencent Music Entertainment einige exklusive Musiklizenzen für kleinere Konkurrenten freigeben muss.

Tencent-Chef Ma Huateng ist nicht Jack Ma. Er ist vorsichtiger als dieser und drängt sich nicht in den Vordergrund. So ging er mit seinem Streaming-Dienst Kompromisse ein und sagte zu, dass er in Zukunft das Recht zur Sub-Lizenzierung an kleinere Konkurrenten aufgeben wird. Damit war der Streit mit Peking erst einmal beigelegt, und „Pony Ma“, wie er auch genannt wird (Pony ist die Übersetzung seines chinesischen Nachnamens Ma), kann sein Imperium weiter ausbauen, das ihn mit einem Vermögen von umgerechnet 55,3 Milliarden US-Dollar (Forbes 2021) zu einem der reichsten Männer der Welt gemacht hat.

 

Frank Fischer

Frank Fischer

Frank Fischer, Jahrgang 1964, ist Vorstandvorsitzender (CEO) der Shareholder Value Management AG und übt dort die Funktion des Chief Investment Officers (CIO) aus. Außerdem ist Frank Fischer Vorstandsmitglied der Shareholder Value Beteiligungen AG. Bis Ende 2005 war Frank Fischer als Geschäftsführer von Standard & Poor´s Fund Services (vormals Micropal GmbH) zuständig für Investmentfonds-Informationen und -Ratings.