Heiko Böhmer zu Ryanair und einem Flugzeug das durchstartet

Ryanair startet weiter durch

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Sommer 2023: Die Urlaubssaison läuft auf Hochtouren und zu den Gewinnern gehören die Fluglinien. Nach Jahren mit Corona-Einschränkungen ist in diesem Sommer wieder das ungetrübte Urlaubsvergnügen möglich – und viele Bürger in Europa nutzen das aus. Genau davon profitiert Ryanair besonders stark, denn der irische Billigflieger ist besser positioniert als die Mitbewerber. 


Gerade im Vergleich zu den klassischen Fluglinien wie der Lufthansa kann Ryanair mit genügend Personalverfügbarkeit genauso punkten wie mit der bekannten niedrigen Kostenstruktur und einer starken Bilanz. Daher ist es Zeit für ein Update zur Ryanair-Aktie, bei der wir zuletzt die Position im Frankfurter Aktienfonds für Stiftungen aufgestockt haben. Gleichzeitig ist Ryanair auch in unserem Frankfurter UCITS-ETF - Modern Value enthalten. 


Kurz zu den Fakten: Die irische Ryanair ist Europas größte Billigfluglinie mit täglich über 3.200  Flügen zu 241 Flughäfen. Die Gesellschaft verfügt über eine Flotte von 409 Boeing-Maschinen des Typs 737. Gemeinsam mit ihren Töchtern Buzz, Malta Air, Lauda Europe und Ryanair UK kommt die Billigfluglinie auf eine Flotte von mehr als 558 Mittelstreckenjets.

 
Die Krise der Fluglinien ist vorbei 


Wie stark das Geschäft schon bis ins Jahr 2023 wieder zulegte, haben erst Ende Mai die Zahlen zum abgelaufenen Geschäftsjahr mit Stichtag 31. März 2023 gezeigt. So kletterte der Nettogewinn deutlich stärker als erwartet auf 1,4 Milliarden Euro. Hier konnte Ryanair ganz besonders von den Absicherungen im Treibstoffbereich profitieren, welche die deutlichen Preiszuwächse beim Kerosin, besonders im vergangenen Jahr, gut abgefedert haben (Quelle: Ryanair-CEO: Airline spart 1,5 Milliarden Dollar an Treibstoffkosten). 


Mit einer Passagierauslastung von 93 Prozent beförderte Ryanair insgesamt 169 Millionen Passagiere. Das liegt deutlich über den Vor-Corona-Zahlen von 149 Millionen Passagieren. Allerdings war damals die Auslastung mit 95 Prozent noch etwas höher. Der Umsatz pro Passagier konnte auf 64 Euro gesteigert werden. Das entspricht einem Anstieg von rund 10 Prozent bezogen auf die Vor-Corona-Niveaus. Gleichzeitig waren die Kosten pro Passagier (ohne den Treibstoffanteil) mit 31 Euro sogar noch niedriger. 


Hoher Umsatzanteil mit Zusatzleistungen 


Aufschlussreich ist dabei die Aufteilung des Umsatzes. Knapp zwei Drittel der Umsätze – im abgelaufenen Geschäftsjahr waren das fast 7 Milliarden Euro – erzielt Ryanair mit dem Verkauf der Tickets. Doch gut ein Drittel entfallen auf die Kategorie der Zusatzumsätze – und das kennen alle Kunden von Ryanair nur zu gut. Denn darunter fallen Reservierungen für Sitzplätze und natürlich Zusatzgebühren für größere Koffer oder auch das Priority Boarding. Auf den einzelnen Passagier runtergebrochen sind das noch einmal fast 23 Euro, die zu den Ticketeinnahmen von 41 Euro hinzukommen. Und auch die Ticketpreise liegen um 10 Prozent höher als vor der Corona-Pandemie. 


Ryanair-Chef Michael O`Leary kommentierte das Ergebnis in gewohnt pointierter Art und Weise und trat gleich auf die Euphoriebremse, denn einige Mitbewerber hatten sich zuletzt sehr optimistisch zu den weiteren Aussichten geäußert: "Ich hoffe, dass meine Konkurrenten Recht haben und die Preise den ganzen Sommer über sehr hoch sein werden, aber 30 Jahre Schmerz in dieser Branche haben mich gelehrt, vorsichtig zu sein, wenn meine Konkurrenten irrational überschwänglich sind, und vielleicht ein bisschen überschwänglicher, wenn unsere Konkurrenten vorsichtig sind."

 


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Tatsächlich hat Ryanair keine Guidance für das laufende Geschäftsjahr 2024 herausgegeben – doch das ist fast schon normal bei Fluglinien, die oft auch im operativen Bereich „auf Sicht“ agieren müssen. Einen besseren Überblick haben jetzt noch die Zahlen zum ersten Quartal des laufenden Geschäftsjahres gebracht. Hier hat Ryanair zum Stichtag 30. Juni 2023 die Passagierauslastung im Vergleich zum Vorjahr wieder auf 95 Prozent ausbauen können. Der Umsatz stieg so um 40 Prozent. Unterm Strich erzielte Ryanair damit einen Nettogewinn von 663 Millionen Euro. Das entspricht einem deutlichen Zuwachs von 290 Prozent im Vergleich zum Vorjahr (Quelle: Billigflieger Ryanair mit Gewinnsprung). Doch dabei sind auch noch die Einschränkungen zu beachten, die im Vergleichszeitraum vor einem Jahr das Reisen noch deutlich eingeschränkt hatten. 


Eine der wichtigsten Nachrichten bei Ryanair in den vergangenen zwölf Monaten betrifft die Aufstockung und Modernisierung der Flugzeug-Flotte mit 300 neuen Boeing 737 MAX 10 (Quelle: Ryanair bestellt bis zu 300 zusätzliche Boeing 737 Max 10). Damit ist das weitere Wachstum für die Jahre 2027 bis 2034 sichergestellt. Die Hälfte der Bestellung wird alte Flugzeuge ersetzen und die andere Hälfte wird zum Ausbau der Flotte dienen.

 

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Beoing 737 Max 10 für Ryanair: So soll sie aussehen. Quelle: Boeing 


Moderne Flotte sorgt für mehr Effizienz 


Grundsätzlich ist die 737 MAX ein auf Sparsamkeit getrimmtes Flugzeug. So liegt der CO2-Ausstoß nach Angaben des Herstellers um 13 Prozent niedriger als bei vergleichbaren Mittelstreckenmaschinen. Ein Faktor, der in Zeiten hoher Kerosinpreise von enormer Bedeutung ist. Zudem ist die Wartung bei Ryanair auf diesen Typ abgestimmt. So können Prozesse klar vereinfacht werden, wenn hauptsächlich nur ein Flugzeugtyp zum Einsatz kommt. 


Liegt das Beste jetzt schon hinter den Fluglinien – wenn die aufgestaute Urlaubsnachfrage im Herbst vorbei ist? Danach sieht es nun wirklich nicht aus. Zwar verzichten einige Deutsche wegen vorhandener Klimabedenken auf Flugreisen. Doch die große Mehrheit will ihr Reiseverhalten erst einmal nicht anpassen. Hier trifft eine weiterhin sehr hohe Nachfrage auf ein eingeschränktes Angebot. So sind nach Angaben des Branchenverbandes BDL derzeit nur 85 Prozent des Flugangebots vor der Pandemie verfügbar. Das spricht weiterhin für stabile oder sogar weiter steigende Preise. 


Ein immer wichtigeres Thema - auch bei Fluglinien ist die Nachhaltigkeit. In der Branche ein schwieriges Thema, doch selbst hier kann Ryanair punkten. So kommt die Effizienz des Unternehmens bei der engeren Bestuhlung in den Maschinen wieder zum Tragen. Denn dadurch befördert Ryanair bei vergleichbarer Größe schlicht und einfach mehr Passagiere. Zudem ist der Treibstoffverbrauch pro Passagier um rund 8 Prozent niedriger als bei vergleichbaren neuen Modellen von Airbus. Bezogen auf die gesamte Flotte wird der Treibstoffverbrauch weiter sinken, weil die Ryanair-Flotte im Branchenvergleich neu ist und einen niedrigeren Treibstoffverbrauch aufweist. 


Ryanair bleibt unser Top-Pick bei den Fluglinien 


Grundsätzlich weist das Geschäftsmodell Luftfahrt weiterhin einen hohen CO2-Austoß aus. Doch hier setzen wir bezogen auf die Emissionen auf den Best-in-Class Ansatz, der bei Ryanair gegeben ist. Gleichzeitig konzentriert sich Ryanair auf die Strecken in Europa, bei denen es sich eben nicht um extrem lange Flüge zu exotischen Reisezielen handelt, die tatsächlich in einigen Fällen vielleicht nicht mehr zeitgemäß sind. 


Ryanair ist somit in vielen Bereichen gut positioniert und bleibt die einzige Aktie aus dem Bereich der Fluglinien, die unsere strengen Kriterien erfüllt. 

 

Heiko Böhmer

Heiko Böhmer

Heiko Böhmer verfügt über mehr als 20 Jahre Finanzmarkterfahrung. Als Kapitalmarktstratege bei Shareholder Value Management zeigt er, wie wirtschaftliche Entwicklungen und Anlagetrends zusammenhängen. Ein besonderer Schwerpunkt liegt dabei auf den Einzeltiteln und den Aktienstrategien von Shareholder Value Management.