Für Anleger ist die derzeitige Situation kniffelig. Zum einen belastet die steigende Inflation die Stimmung, zum anderen rennen ihnen die Kurse davon. Und dass trotz der grassierenden vierten Pandemiewelle. Ob DAX oder die Wallstreet-Indizes – sie klettern auf breiter Front von Rekord zu Rekord. Das liegt vor allem an der zügigen Erholung der amerikanischen Wirtschaft, die sich deutlich schneller erholt hat als etwa die europäische. Schon jetzt liegt das amerikanische Bruttoinlandsprodukt über dem Vorkrisenniveau. Und auch die Aussichten für das kommende Jahr bleiben gut. Für 2022 erwarten die meisten Ökonomen ein Wachstum von rund 3,5 Prozent.
Stimulus-Paket der Biden-Regierung stützt die Börsen
Das liegt vor allem am Stimulus-Paket der US-Regierung. Die konnte zwar nicht halten, was sie vor der Wahl von Joe Biden versprochen hatte. Anfang November wurde aber zumindest das Infrastrukturprogramm über 550 Milliarden US-Dollar verabschiedet. Das Konjunktur- und Klimaprogramm schmolz von 3,5 auf 1,75 Billionen US-Dollar zusammen und soll Ende November den Kongress passieren. Und weitere Programme sind geplant: Unter anderem sind rund 270 Milliarden US-Dollar für Straßen, Brücken, Eisenbahnen, Flughäfen und Häfen vorgesehen, und mit knapp 200 Milliarden US-Dollar sollen zu annähernd gleichen Teilen die Strom- und Wasserversorgung auf Vordermann gebracht sowie das Breitbandnetz ausgebaut werden. Weitere 28 Milliarden US-Dollar sind für Projekte der CO2-Speicherung und der Erzeugung sauberen Wasserstoffs reserviert. All das kommt bei den Anlegern gut an. Und auch die Unternehmen liefern. Die Gewinne, vor allem der US-Firmen, sprudeln weiter. Inflation hin, Inflation her.
Dabei sollte genau diese Inflation ihren Höhepunkt erreicht haben, so zumindest die Hoffnung. „Das Inflationsthema dürfte sich ab 2022 beruhigen“, erwartet etwa Deka-Chefvolkswirt Ulrich Kater. Und damit steht er nicht allein. Doch zunächst werden die Märkte weiterhin mit Liquidität versorgt. Auf ihrer letzten Sitzung hat die US-Notenbank zwar die Drosselung ihrer Anleihenkäufe ab November angekündigt. Aber erst im kommenden Sommer wird die zusätzliche Liquidität auslaufen. Der Leitzins dürfte unter diesen Umständen erst gegen Jahresende 2022 erhöht werden – trotz einer Inflationsquote von aktuell über 5 Prozent. Diese Aussicht trägt zur aktuell positiven Einschätzung der Wirtschaftslage bei. So lagen die ISM-Einkaufsmanagerindizes für die Industrie und den Dienstleistungssektor zuletzt nahe an ihren Zehnjahres-Höchstständen.
Und die Unternehmenszahlen? Von der derzeit noch lockeren Geldpolitik beflügelt, haben die US-Unternehmen trotz des schwächeren Wirtschaftswachstums positive Q3-Zahlen vorgelegt. Rund 80 Prozent der börsennotierten US-Aktiengesellschaften übertrafen mit ihren Quartalszahlen die Erwartungen der Analysten. Dazu gehören klassische zyklische Werte wie der Baumaschinenhersteller Caterpillar, aber auch Konsumwerte wie Walmart. Die günstige Liquiditätslage spricht zudem weiterhin für die starken Technologieunternehmen wie Amazon, einem der Schwergewichte in unserem Frankfurter Aktienfonds für Stiftungen. Außerdem sollten aus dem Fonds-Portfolio wegen ihrer Preissetzungsmacht auch Qualitätstitel wie WashTec, Roche oder Unilever profitieren, um mal die europäische Seite hervorzuheben.
Doch auf Dauer können die Kurse auch nicht immer weiter steigen. Deshalb haben wir einen Anteil von gut 5 Prozent des Portfolios in Gold investiert. Das beruhigt die Nerven und sichert das Portfolio ab. Und das war gut so, denn erstmals seit Juni kletterte der Goldpreis wieder über die Marke von 1.875 US-Dollar je Feinunze. In Euro erzielte er sogar ein 15-Monats-Hoch. Und mit unserem Investment sind wir nicht allein, denn Gold wird momentan als „Inflationsschutz“ stark nachgefragt. Bereits vor Veröffentlichung der US-Verbraucherpreisinflation – die mit 6,2 Prozent höher als erwartet ausfiel – hatten sich spekulativ orientierte Großanleger an den US-Terminmärkten mit Kaufpositionen in Gold positioniert. Das Volumen der entsprechenden Kontrakte war kurz zuvor sprunghaft auf das höchste Niveau seit Jahresbeginn angestiegen. Nachdem die US-Inflationsrate veröffentlicht worden war, fielen die Realzinsen – also die Nominalzinsen abzüglich der erwarteten Inflation – deutlich, weshalb es zu Anschlusskäufen kam. Hinzu kommt, dass viele Investoren in absehbarer Zeit einen Anstieg der Nominalzinsen und, wie gesagt, möglicherweise erste Leitzinserhöhungen der US-Notenbank in der zweiten Jahreshälfte 2022 erwarten. Auf kurze Sicht lässt die starke Nachfrage den Goldpreis wohl weiter steigen. Unsere Anleger wird’s freuen.