Als Anleger nimmt man heutzutage schon kleinste Hoffnungsschimmer mit Freude auf: Da ist zunächst die etwas nachlassende Inflation. 2,9 Prozent waren es im Oktober in der Eurozone.
EZB und Fed legen Zinspause ein
Dass dann sowohl die EZB als auch die amerikanische Notenbank Fed eine Zinspause einlegen, hat ebenfalls Anlass zur Erleichterung gegeben. Beide Notenbanken haben in ihren jüngsten Zinsentscheidungen jedoch auch klargemacht, dass die Zinsen noch für eine ganze Weile hoch bleiben werden. Hinsichtlich der kurzfristigen Konjunkturentwicklung in der Eurozone äußerte sich EZB-Präsidentin Christine Lagarde skeptisch (Quelle: Wirtschaft in Euro-Zone schrumpft unerwartet). Für die nächsten Jahre sei aber mit einem stärkeren Wachstum zu rechnen. Immerhin. Dazu passt, dass die deutsche Wirtschaft sich nicht so weit abgeschwächt hat, wie zunächst befürchtet.
Quartalszahlen besser als erwartet – Microsoft überzeugt
Entscheidend für die weitere Entwicklung an den Börsen ist aber, dass die Unternehmenszahlen nicht zu schlecht ausfallen. Und hier zeigt sich: Bislang verläuft die US-Berichtssaison zum dritten Quartal überwiegend positiv. Gut drei Viertel der S&P-500-Unternehmen haben höhere Quartalsgewinne erzielt als erwartet. Im Vergleich zum Vorjahr beträgt das durchschnittliche Gewinnwachstum bisher knapp neun Prozent. Analysten hatten den im Index gelisteten Unternehmen vor der Berichtssaison nur ein Gewinnplus von 1,5 Prozent zugetraut – nun liegen die Erwartungen bei 4,5 Prozent. Das gibt Hoffnung.
Vor allem Microsoft hat mit sehr guten Zahlen überrascht. Die Aktie, die sowohl in unserem Frankfurter Aktienfonds für Stiftungen als auch in unserem Frankfurter UCITS-ETF – Modern Value enthalten ist, konnte mit überzeugenden Zahlen im Cloud-Geschäft glänzen. Andere Big-Techs warteten zwar auch mit zum Teil zweistelligen Quartalsgewinnen auf, wie etwa unser Portfolio-Unternehmen Alphabet (Blogbeitrag: Alphabet Aktienanalyse: Viel mehr als nur die Google-Suche) oder auch Apple. Aber hier lagen die Erwartungen der Analysten höher. Man ist halt immer noch verwöhnt.
Zentrale Probleme noch lange nicht gelöst
Dabei sollte man nicht vergessen, dass die Weltwirtschaft immer noch mit zentralen Problemen zu kämpfen hat. Da sind zum einen die geopolitischen Verwerfungen: der drohende Flächenbrand im Nahen Osten, der Krieg in der Ukraine, die wachsenden Spannungen zwischen China und den USA. Hinzu kommen Schuldenberge, Abschottungen und industriepolitischer Egoismus.
Ölpreis im Blick behalten!
Gerade der Konflikt im Nahen Osten birgt aber noch eine ganz andere Gefahr: Den Ölpreis. Kommt es in der Region nämlich zu einem Flächenbrand, kann der Preis für das schwarze Gold schnell explodieren. Im schlimmsten Szenario, das heißt bei einer Ausweitung des Konflikts auf den Iran und die Golfstaaten, rechnet die Weltbank mit einem Ölpreis von bis zu 157 Dollar je Barrel. Das wären mehr als 60 Prozent über dem aktuellen Level.
Zum anderen hat sich die Staatsverschuldung dramatisch erhöht. In der Euro-Zone haben sich die Schulden seit Ausbruch der Finanzkrise 2008 von 6,2 auf 12,9 Billionen Euro mehr als verdoppelt. Und nicht zu vergessen: Europa und in geringerem Maße auch die USA erleben einen Abschwung. Und auch aus China kommen zunehmend alarmierende Konjunktursignale. Unter Berücksichtigung all dieser Probleme sollte man von den Unternehmen also keine Wunder erwarten.
Halloween: Alles andere als gruselig
Bleiben wir aber noch bei den positiven Seiten: Besonders die US-amerikanischen Verbraucher lassen sich die Laune nicht vermiesen. Das hat gerade Halloween gezeigt, ein besonders in den USA immer groß gefeierter Event. Einer Umfrage des Einzelhandelsverbands NRF zufolge wurden insgesamt rund 3,6 Milliarden US-Dollar für Naschereien ausgeben. Das ist eine halbe Milliarde mehr als im vergangenen Jahr. Die Gesamtausgaben für Halloween werden auf 12,2 Milliarden Dollar geschätzt (Quelle: Eine Zeit zum Gruseln: Tradition oder Trend?). Das wäre dann ein Rekord und würde 15 Prozent über den Ausgaben vom vergangenen Jahr liegen. Auf den amerikanischen Verbraucher ist also Verlass. Damit könnten sich auch die Befürchtungen, dass ein schwaches Weihnachtsgeschäft bevorsteht, als übertrieben erweisen. Dies dürfte dann unserem Portfoliowert Amazon zugutekommen. Ho ho ho!
Amazon startet gerade wieder durch
Doch Amazon hat noch viel mehr vor. Fast zehn Milliarden Dollar hat das Unternehmen im dritten Quartal verdient. Lässt man das vierte Quartal 2021 außen vor, als überwiegend Sondereffekte wie die Beteiligung an Rivian zu einem Ausreißer führten, hat Amazon noch nie so viel Geld verdient wie jetzt. Und im Bereich Künstlicher Intelligenz wird der Turbo gezündet. Bedrock heißt die neue KI-Plattform, auf der Unternehmen ihre GenAI-Anwendungen laufen lassen können. Und die wird zu einer immer größeren Konkurrenz zu Microsoft/OpenAI. Hinzu kommt: Inzwischen arbeiten 750.000 Roboter in den Amazon-Logistikzentren. Und die werden von den neuen KI-Initiativen von Amazon profitieren.
Kommt es zur Jahresendrally?
Es gibt also einige Gründe zur Hoffnung, wenn auch viele Probleme noch auf den Märkten lasten. Ob das Ganze zu einer Jahresendrally an den Börsen reicht, bleibt abzuwarten. Die meisten Marktteilnehmer sind hier skeptisch. Wir sind eher auf der optimistischen Seite. Denn Experten können sich auch irren – wie Halloween so schön gezeigt hat.