🔊 Artikel mit Audiokommentar anhören
Die Börsen mögen keine Unsicherheiten. Mit dem Rücktritt von Joe Biden aus dem Präsidentschaftsrennen und Kamala Harris als „new kid on the block“ ist die US-Wahl im November offener denn je. Die Unsicherheit ist also mit Spannung garniert.
1. Harris, das unbeschriebene Blatt an der Wall Street
2. USA: Inflationsrate sinkt auf 2,6 Prozent
3. US-Konzerne mit guten Quartalszahlen – einige Tech-Konzerne enttäuschen
4. Sommer Blues ist die vorherrschende Tonart
Bis vor ein paar Tagen war die Wahl von Donald Trump mehr oder weniger abgemachte Sache. Das galt auch an der Börse, die sich auf den „New Yorker Poltergeist“ bereits eingestellt hatte. Und was wäre mit einer Präsidentin Harris? Die wahrscheinliche Kandidatin der Demokraten ist an den Märkten bisher ein eher unbeschriebenes Blatt, was ihre wirtschaftspolitischen Strategien angeht. Doch es wird erwartet, dass sie die expansive Fiskalpolitik von Biden fortsetzen würde, die insbesondere im Inflation Reduction Act zum Ausdruck kommt. Börsianer sind generell Freunde einer ausgabefreudigen Politik, selbst wenn sich die Stimmen zuletzt mehrten, die hohe Verschuldung der USA werde immer mehr zu einer Gefahr. Außenpolitisch ist sie wie Biden ein Vertreter des transatlantischen Verbundes. Die Spannung bleibt uns also erhalten.
Bleiben als weitere Themen noch die Zinspolitik der Notenbanken und die laufende Quartalssaison. Es werden sowohl in den USA als auch in Europa mindestens noch jeweils eine Zinssenkung erwartet, auch wenn Donald Trump die US-Notenbank Fed aufgefordert hat, die Zinsen bis zu den Wahlen nicht anzurühren. Ob sich Fed-Chef Gerome Powell aber daranhalten wird, ist eher unwahrscheinlich, schließlich ist die Fed nicht den Wünschen eines möglichen künftigen Präsidenten verpflichtet, sondern allein der Bekämpfung der Inflation und dem wirtschaftlichen Wachstum. Die Inflation in den USA ist auf 2,6 Prozent gefallen, aber die Kerninflation ohne Lebensmittel- und Energiepreise lag mit 2,9 Prozent über der Expertenprognose.
Die US-Wirtschaft ist im zweiten Quartal aufs Jahr hochgerechnet um 2,8 Prozent gewachsen. Damit fiel das Wachstum zwischen April und Juni stärker aus, als Ökonomen erwartet hatten. Da verwundert es nicht, wenn auch die Quartalszahlen positiv überraschen. Rund zweidrittel der Unternehmen, die Ihre Zahlen bisher präsentierten, haben die Erwartungen der Analysten übertroffen. Und zwar im Schnitt um gut 5 Prozent. Vor allem die Finanzdienstleister stechen unter den Sektoren besonders hervor. Statt 8,8 Prozent wie zum Monatsbeginn prognostiziert, beträgt der Gewinnzuwachs hier aktuell 17 Prozent.
Natürlich gab es auch Enttäuschungen. So hat der Elektroauto-Vorreiter Tesla das zweite Quartal in Folge mit einem deutlichen Gewinnrückgang abgeschlossen. Das hat der Markt mit deutlichen Abschlägen quittiert. Die Google-Mutter Alphabet, ein Portfoliowert aus unserem Frankfurter Aktienfonds für Stiftungen und dem Frankfurter UCITS-ETF – Modern Value hat zwar sehr gute Zahlen vorgelegt, doch einige Marktteilnehmer mäkeln der Suchmaschinen-Gigant investiere zu stark in KI, um seine dominante Position zu sichern. Investitionen in Cloud und AI-Technologie würden zudem den Druck auf die Gewinnmargen erhöhen. Nun, manche Investoren sind nie zufrieden.
Dazu passt: An den Börsen rund um den Globus ist zuletzt der „Sommer Blues“ die bestimmende Tonart. An der NASDAQ entweicht bei vielen Tech-Konzernen so langsam die Luft aus den Kursen. Gleiches gilt für den S&P 500. Und auch der DAX ist von seinen Höchstständen mittlerweile weit entfernt. Kurz gesagt: Weltweit rauschen die Sentiment-Indizes auf der Aktienseite in den Keller. Ist also jetzt schon wieder die Zeit für Schnäppchenjäger gekommen? Die jüngsten Daten von sentix sagen „Nein!“ Damit ist das aktuelle Stimmungstief nicht mit dem von Mitte April 2024 vergleichbar und sollte deshalb auch in seiner Wirkung anders berücksichtigt werden, so die sentix-Analyse.
Was bleibt ist Vorsicht. So haben auch wir den Aktienanteil im Frankfurter Aktienfonds für Stiftungen leicht gesenkt. Weitere Gewinnmitnahmen sind nicht ausgeschlossen. Bis zur US-Wahl bleibt es also spannend. Doch die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt: Die Wahlen sind ja am 5. November – danach sollte dann die Jahresendrally starten!
(Unsere News-Abos im Überblick - Jetzt auswählen!)