Die erfolgreichsten Unternehmen an der Börse haben alle eins gemeinsam – sie verfügen über strukturelle Wettbewerbsvorteile. Sie schützen die Geschäfte vor Mitbewerbern, wie ein Graben eine Burg. Sie können zum Beispiel günstigere Preise anbieten als die Konkurrenz, wie Ryanair (Blogbeitrag: Ryanair-Aktienanalyse: Der Kostenführer in einer schwierigen Branche) bei den Fluglinien. Oder Wettbewerber drängen gar nicht erst in den Markt, weil es beispielsweise Patente in der Pharmabranche verhindern. Es entstehen starke Marktstellungen und außergewöhnliche Gewinnmargen, denn diese Firmen können Preise setzen. Überdurchschnittliche Geschäftsergebnisse und Kursentwicklungen sind die logische Folge. Wenn Sie lesen wollen, wieso wirtschaftliche Burggräben ein bedeutender Teil der erfolgreichsten Unternehmen sind, finden Sie hier einen Artikel: Diese Unternehmen schützen Ihr Geld.
In diesem Beitrag stelle ich Ihnen diese Wettbewerbsvorteile vor. Welche gibt es und wo entstehen Sie? Zu jedem wird es Beispiele anhand eines Unternehmens geben.
Immaterielle Vermögenswerte: Unsichtbar aber wertvoll
Immaterielle Vermögenswerte bilden oft dauerhafte Wettbewerbsvorteile. Firmen profitieren, von starken Marken, Patenten oder aber auch regulatorische Besonderheiten der Branche. Diese erlauben es, die eigenen Produkte oder Dienstleistungen mit einem höheren Preis am Markt zu verkaufen.
Die Marke: Populäre Marken sind nicht unbedingt die profitablen Marken. Wenn eine Marke die Verbraucher nicht dazu animiert, mehr für die Produkte zu bezahlen, dann sorgt auch eine bekannte Marke nicht unbedingt für einen starken Wettbewerbsvorteil. Das weltweit wertvollste Unternehmen ist ein Paradebeispiel für ein höchstprofitable Marke. Apple verlangt mehr Geld für ein IPhone als jeder andere Smartphoneanbieter. Und dennoch kaufen die Menschen die Telefone immer wieder. Apple hat im wahrsten Sinne des Wortes eine riesige Fanbasis aufgebaut. Für die ist der Preis zweitrangig.
Das Patent: Patente sind ein mächtiger, weil überwindbarer Wettbewerbsvorteil. Wenn man es versucht, wird man verklagt. Es verbietet Konkurrenzprodukte. Doch Gesetzesänderungen sind definitiv eine Herausforderung für diese Unternehmen und können sicher geglaubte Wettbewerbsvorteile auch beenden. So gilt im Pharmabereich oft eine Ablauffrist für die Patente bei Medikamenten. Laufzeiten bewegen sich üblicherweise im Bereich 10-15 Jahre. Mehr als genug Zeit um richtig Geld mit dem Medikament zu verdienen und einen treuen Kundenstamm aufzubauen. Medikamente, deren Patent längst abgelaufen ist, wie z.B. Aspirin, bescheren den Pharmakonzernen – in dem Fall Bayer – immer noch tolle Gewinne.
Regulatorische Besonderheiten: Hierunter fallen Branchen, in denen Lizenzen benötigt werden, um überhaupt ein Geschäft betreiben zu können. Man sollte genau darauf achten, welche Teile der Branche reguliert sind. Ist es nur der Einstieg, für den ich eine Lizenz benötige oder sind es beispielsweise auch die Preise der angebotenen Produkte oder Dienstleistungen. Sie sollten Ausschau nach einem möglichst hohen Eintrittsbarrieren aber freier Preisgestaltung halten. Hier können monopolistische Gewinne erzielt werden. Als Beispiel kann man Ratingagenturen nennen. Die großen Bondratingagenturen wie Moodys oder Standard & Poor's brauchen sich über neue Wettbewerber keine Sorgen machen. Die Erlaubnis in Amerika ausgegebene Anleihen zu raten, erfordert das Durchlaufen eines unfassbar aufwendigen Prozesses der zuständigen US-Behörde. Das tut sich keiner an.
Kostenvorteile: wie gewonnen so zerronnen
Einen weiteren Wettbewerbsvorteil können Firmen durch Kostenvorteile herausbilden. Er liegt dann vor, wenn ein Unternehmen signifikant günstigere Produkte oder Dienstleistungen anbietet als die Konkurrenz, trotzdem aber gute Margen erwirtschaftet. Das kann nur durch deutlich niedrigere Produktionskosten gelingen. Dieser Vorteil ist besonders herausfordernd – insbesondere langfristig.
So kann es gut sein, dass Kostenvorteile für einen bestimmen Zeitraum bestehen. Doch durch Anpassung von Produktionsbedingungen oder anderen Faktoren können Mitbewerber früher oder später aufholen. Die meisten Kostenvorteile entstehen nämlich durch ein effizientes Geschäftsmodell bzw. Prozesse, die leider häufig leicht kopiert werden können.
Wenn Kostenvorteile langfristig bestehen, dann meistens, weil sie durch regionale Gegebenheiten bedingt sind. Beispielsweise stellen Sie sich vor, Sie leiten ein Unternehmen, was Zement liefert. Ein signifikanter Kostenblock entsteht Ihnen durch den Transport. Das Unternehmen, welches die Produktionsstätte mit kürzester Distanz zum Standort des Kunden besitzt, wird diesem den günstigsten Zement liefern können. Es entstehen lokale Monopole.
Wechselkosten: die Kosten, die sich jedes Unternehmen wünscht
Firmen in diesem Segment schaffen es, ihre Kunden stärker an sich zu binden. Dazu gehört ein eigenes Ökosystem des Unternehmens. Wenn Kunden dieses System verlassen wollen, ist das mit extrem hohen Wechselkosten verbunden. Ein anschauliches Beispiel, dass sie sicherlich auch bereits erlebt haben, sind Umzüge. Sie müssen Ihr Hab und Gut zusammenpacken, vermutlich Möbel abbauen und in die neue Wohnung schaffen. Dieser Aufwand kostet Sie Zeit. Angenommen Sie engagieren ein Umzugsunternehmen, dann entstehen Ihnen Wechselkosten, im wahrsten Sinne des Wortes. Sie werden daher kaum umziehen, um in eine etwas schönere Wohnung zu wechseln. In Geschäftskontext sind viele Kunden mit ähnlichen Problemen konfrontiert.
Daher scheuen viele Kunden vor diesem Schritt zurück. Das bietet Anbietern eine solche Marktmacht, um mittel bis langfristig höhere Preise durchzusetzen. Ein Beispiel ist die Firma Apple, mit ihren speziellen Produkten. Je mehr die Kunden in der Apple Welt unterwegs sind, desto schwieriger wird es zu wechseln. Die Übertragung Ihrer Daten von Apple-Geräten ist schwierig. Sie müssten auf die Vorteile der Vernetzung der Geräte verzichten usw. Der Erfolg von Apple stützt sich auf mehrere Wettbewerbsvorteile.
Hohe Wechselkosten findet man oft im Softwarebereich. Sie entstehen zum Beispiel, weil Mitarbeiter eines Unternehmens an ein spezielles Programm gewohnt sind. Möchte das Unternehmen die Software austauschen, müssen alle Mitarbeiter umgeschult werden – ein Alptraum, der häufig mit weiteren Schulung- und Servicegebühren verbunden ist. Vielleicht haben Sie sowas auch schon einmal erlebt. SAP-Kunden sind deshalb sehr loyal, wenn auch nicht immer ganz freiwillig (Blog: SAP Aktienanalyse: Auch Deutschland kann Cloud-Aktien). Ein weiteres Beispiel sind Microsoft Office-Produkte. Wenn man gelernt hat mit Excel oder PowerPoint zu arbeiten, wird man nie bereit sein etwas neues zu lernen, solange die Office-Paket-Preise nicht explodieren (Blog: Microsoft-Aktienanalyse: Mehr als Windows und Office).
Netzwerkeffekt: der beste aller Burggräben?
Der Netzwerkeffekt ist einer der Treiber des Aufkommens der großen Hightech Konzerne aus den USA. Das ist wirklich der Kern des Geschäftsmodells der großen Konzerne wie beispielsweise Alphabet, Amazon oder auch Meta (Blog: Meta Aktienanalyse: Die globale Werbemaschine).
Mithilfe von Meta’s WhatsApp Service lässt sich die Stärke des Netzwerkeffekts gut erläutern. Würden Sie einen Kommunikationsservice nutzen, den einer Ihrer Kontakte verwendet? Die Antwort ist sicherlich nein – würden Sie nicht. Auch ein zweiter Nutzer in Ihrem Umfeld wird daran nichts ändern.
Im Fall von WhatsApp nutzt mittlerweile nahezu jeder den Service. Sie können alle Ihre Kontakte mithilfe einer App erreichen. Jetzt wird das Angebot für Sie interessant. Services, die mit zunehmender Nutzerzahl attraktiver für weitere Nutzer werden profitieren vom Netzwerkeffekt. Sie ziehen dadurch die Großzahl der Neukunden an und können so zu solch enormen Größen heranwachsen, wie es Meta geschafft hat.
Handelsplattformen sind ein weiterer Bereich, die durch Netzwerkeffekte geprägt sind. Börsenplätze werden für Anleger dann attraktiv, wenn die Transaktionskosten gering sind. Je weniger Handel, desto höher sind die Kosten in der Regel. Handelsplätze ziehen Kunden durch Größe an.
In der Reihe der verschiedenen strukturellen Wettbewerbsvorteile ist der Netzwerkeffekt besonders stark einzuordnen. Diesen Wettbewerbsvorteil findet man kaum auf der Ebene von tatsächlichen Produkten.
Skaleneffekte: Größe ist manchmal doch besser
In bestimmten Branchen gilt tatsächlich „Big is beautiful“. Dahinter steht die Überlegung, dass Unternehmen, die Märkte von begrenzter Größe dominieren neue Marktteilnehmer abhalten, in den Markt einzutreten. In der Konsequenz würde der weitere Wettbewerb die Ertragskraft für alle verringern.
Der Brauereikonzern AB Inbev (Blog: AB InBev: Dieser globale Bierchampion bietet gute Perspektiven) ist ein Beispiel dafür. Mit einem Weltmarktanteil von rund 30 Prozent ist das Unternehmen der dominante Player auf dem globalen Biermarkt. In einigen regionalen Märkten wie Kolumbien hat AB Inbev eine Marktdominanz von mehr als 80 Prozent. Das sichert eine hohe Preismacht.
Die regionale Skalierung ist ein starker Treiber für Kostenvorteile. Während es einige globale Biermarken (Budweiser, Stella Artois und Corona) gibt, die von der globalen Beschaffung und Vermarktung profitieren, besteht der Großteil der Branche aus Marken mit relativ begrenzter geografischer Reichweite. Folglich können Marken, Marketing, Verpackung und Vertrieb regional variieren, und Kostenvorteile ergeben sich durch lokale Konzentration, insbesondere im Vertrieb.